Das Ruhebedürfnis von Welpen

Wenn ein kleiner Welpe ins Haus kommt, ist die Aufregung und die Begeisterung meist groß. Jeder möchte den kleinen süßen Hund streicheln und mit ihm spielen und es fällt schwer, die Finger von dem neuen Familienmitglied zu lassen.

Kaum angekommen, stehen natürlich wichtige Dinge an, die der Welpe lernen soll. Schließlich steht überall geschrieben, dass er in der wichtigen Welpenzeit mit möglichst vielen Reizen konfrontiert werden muss, damit er später selbstbewusst durchs Leben geht. So steht neben dem Welpenkurs und der Welpenspielgruppe auch ein Besuch in der Stadt, in Geschäften, auf dem Bauernhof, beim Tierarzt, Fahrten mit dem Auto / Bus / Bahn, Kinderbesuch uvm. auf dem Plan.

Eine ganz wichtige Sache wird dabei aber meist unterschätzt: Das Ruhebedürfnis des Welpen.

 

Die meisten Welpen ziehen im Alter von 8 – 12 Wochen zu ihren neuen Familien. Dies ist für sie ein einschneidendes Erlebnis und eine große Umstellung. Sie werden von ihrer Mutter und ihren Geschwistern getrennt und müssen sich alleine in einer fremden Umgebung mit neuen Menschen, Gerüchen, Regeln und ggf. noch weiteren Haustieren zurechtfinden. Allein das sind schon viele neue Eindrücke, die den Welpen anstrengen und für die er Zeit und Ruhe braucht, um sie zu verarbeiten.

Mindestens die ersten drei bis vier Tage sollte der Welpe also erst einmal Zeit bekommen, um im neuen Zuhause anzukommen, die Umgebung sowie seine Menschen kennenzulernen und ein wenig Vertrauen aufzubauen, bevor die ersten Ausflüge stattfinden.

 

Lasst euch Zeit! Es ist nicht nötig, den Welpen in den ersten Wochen nach seinem Einzug an alle möglichen Dinge zu gewöhnen und ihm jeden Tag etwas Neues zu zeigen. Konzentriert euch auf die Dinge, die euch für euer gemeinsames Leben wichtig sind. Wenn man zum Beispiel selbst keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzt, dann hat das Gewöhnen an solche weniger Priorität, wie das Fahren mit dem Auto.

 

Wenn man mit dem Welpen neue Dinge trainiert, sollten zwei Regeln dabei beachtet werden:

  1. Maximal nur eine neue Sache pro Tag, besser nur jeden zweiten Tag
  2. Nach sehr aufregenden Ereignissen, wie z.B. dem Besuch beim Tierarzt (meist inkl. Impfung) oder der Konfrontation mit fremden Tieren (z.B. ein Besuch auf dem Bauernhof) sollte am darauffolgenden Tag nichts neues mit dem Welpen unternommen werden

Welpen sind noch nicht dazu in der Lage, sich lange zu konzentrieren. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass Übungseinheiten und Konfrontationen mit neuen Eindrücken möglichst nur wenige Minuten dauern und zwischen den Einheiten Pausen liegen. Denn diese Pausen sind wichtig, damit das Gehirn das Erlebte verarbeiten kann. Bei einer Reizüberflutung und somit Überforderung kann der Hund nichts lernen.

Das Ruhebedürfnis junger Hunde beträgt je nach Rasse und Entwicklungsstand bis zu 18 – 20 Stunden am Tag. Das bedeutet nicht, dass er in dieser Zeit immer tief und fest schlafen muss. Auch dösen, liegen und beobachten sowie gemeinsames Kuscheln gehören dazu. Die Regel „schlafende Hunde soll man nicht wecken“ gilt natürlich auch bei Welpen und muss von allen Familienmitgliedern akzeptiert werden. Dein Hund hat ein Recht darauf, sich jederzeit zurückziehen zu können, ohne dabei gestört zu werden. Es ist wichtig, dass er einen eigenen Platz hat, an dem er von allen in Ruhe gelassen wird. Er sollte aber auch frei wählen dürfen, wo er liegen möchte und nicht dauerhaft irgendwo eingesperrt werden. Häufig „fallen“ Welpen regelrecht dort um, wo sie gerade stehen, wenn sie die Müdigkeit überkommt. Sie suchen aber auch oft die Nähe zu ihren Menschen, da sie sich dort sicher und geborgen fühlen. Gebt eurem Welpen unbedingt die Möglichkeit dazu und geht auf dessen Bedürfnis nach Körperkontakt ein, schließlich benötigt er in seinem Alter und nach der Trennung von Mutter und Geschwistern viel Nähe. Das bedeutet aber nicht, dass der Welpe ständig geknuddelt und auf den Arm genommen werden möchte. Akzeptiere es, wenn der Welpe seine Ruhe haben möchte und sich zurückzieht.

 

Es gibt allerdings auch manche Welpen, die Schwierigkeiten haben, von alleine runter zu kommen und dabei etwas Hilfe benötigen. Solche Hilfsmittel können z.B. Entspannungsübungen sein. Ruhiges und sehr langsames Abstreichen an der Brust und über den Rücken des Welpen und das durch die Berührungen ausgeschüttete Hormon Oxytocin (Bindungshormon) helfen dem Welpen dabei sich zu entspannen. Andere Welpen kommen in einer Hundebox gut zur Ruhe, vorrausgesetzt diese wurde gründlich und positiv aufgebaut. Aber eine Box ist kein Allheilmittel und nicht dazu da, den Welpen wegzusperren, wenn er nervt. Sie dient als Hilfsmittel und das Ziel eines Hilfsmittels sollte es sein, dass es auf lange Sicht nicht mehr benötigt wird.

 

Die „dollen 5 Minuten“ in denen der Welpe voller Energie steckt und wie von der Tarantel gestochen durch die Gegend flitzt, sind vollkommen normal und überkommen die meisten Welpen morgens und/oder abends. Gönnt es ihnen. Diese Zeit kann man wunderbar dazu nutzen, um dem Welpen etwas beizubringen, da dieser dann sehr aufnahmefähig ist. Aber gemeinsames spielen und herumkaspern ist natürlich auch wichtig.  ;-)

 

Besonders Hütehunde neigen dazu schnell hochzufahren, wenn  sie überdreht sind und daher ist es wichtig, dass sie regelmäßige Ruhephasen haben. Diese Hunde sind zwar in der Lage dazu, über mehrere Stunden hart zu arbeiten, aber es bedeutet nicht, dass sie das auch ständig brauchen und müssen. Bei einem Schäfer bspw. lernt ein junger Hund im ersten Jahr vor allem sich zu langweilen. Erst dann beginnt die Ausbildung am Vieh. Und wenn die Schafe im Winter im Stall stehen, sind die Hunde eben eine Zeit lang "arbeitslos". Letztendlich sind auch diese Hunde einfach nur Hunde.

 

Gönnt eurem Welpen also ausreichend Schlaf und Ruhpehasen und ihr legt den Grundstein für einen coolen und entspannten Hund und somit für einen angenehmen Begleiter.

 

© Jennifer Nilsson (05/2018)

 

Anmerkung: Das Thema Ruhebedürfnis spielt bei erwachsenen Hunden eine ebenso wichtige Rolle. Mir sind jedoch in letzter Zeit gehäuft Fälle mit Welpen begegnet, bei denen den jungen Hunden viel zu viel zugemutet wird, weswegen es mir wichtig ist hier besonders auf Welpen einzugehen.